Die Geschichte von Grubenfeld
Das alte Dorf Grubenfeld entstand, als man in der direkten Umgebung einiger einsam gelegener Gehöfte, die noch keinen zusammenhängenden Namen hatten, auf einen Ort stieß, der sich für den Abbau von Steinkohle eignete. Die Vorkommen erwiesen sich nach ersten Probebohrungen als so reichhaltig, dass man nicht nur eine Zeche errichtete, sondern auch Wohnhäuser für die Bergarbeiter und alles, was für ihren Lebensunterhalt notwendig war. Und so entstand in wenigen Jahren das Dorf Grubenfeld, ausgerichtet für 500 „Kumpel“ und ihre Familien. Zusammen mit Händlern, Bäckern, Fleischern, Ärzten usw. hatte Grubenfeld bald eine Bevölkerung von mehr als 2.000 Menschen. Die Landwirte der Umgebung - anfangs strikte Gegner der „Zugezogenen“ - arrangierten sich rasch mit dem neuen Dorf, hatten sie doch einen steten Abnehmer für ihre Produkte und konnten sogar noch mehr Geld verdienen, wenn sie einzelne Parzellen ihres Landes für Neubauten abgaben.
Angesichts des immer wichtiger werdenden Kohlebergbaus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zeigte sich aber, dass man mit den einheimischen Bergarbeitern allein die Arbeit nicht mehr bewältigen konnte, und so kamen viele Bergleute aus polnischen Gebieten wie Nieder- und Oberschlesien in die deutschen Abbaugebiete, unter anderem auch nach Grubenfeld. Es gab anfangs durchaus einige Zwistigkeiten zwischen den Schlesiern und den Reichsdeutschen, die man jedoch irgendwann beilegte, weil man erkannte, dass es viel mehr brachte, wenn man sich zusammenraufte.
Irgendwann gab es aber tatsächlich den ersten Bürgermeister schlesischer Abstammung in Grubenfeld. Selbst die heftigen Streitigkeiten zwischen den deutschen Bergwerksgewerkschaften und den polnischen Bergarbeitern, angeheizt von der Zeitung Wiarus Polski („Der polnische Haudegen“), hatte nur wenig Auswirkung auf die Zeche von Grubenfeld, deren ursprünglicher Name mit den Jahren verlorengegangen ist. Bekannt ist sie heute nur noch als Synowie Śląska („Söhne Schlesiens“), um die Freundschaft mit den polnischen Zuwanderern zu betonen. Trotzdem machten sich die Urdeutschen im Dorf gerne einen Spaß daraus, die Zeche einfach „Synowia“ zu nennen, wohl wissend, dass dies nicht einmal ein echtes polnisches Wort ist.
Im Grunde genommen hätte die Geschichte Grubenfelds noch lange positiv weitergehen können, wäre es nicht zu den Ereignissen vom 14. März 1922 gekommen, zum Erblühen der ersten Blume des Azathoth.
Der Fall von Grubenfeld
An vielen Orten in Deutschland tobte in den Tagen und Wochen nach der Katastrophe von Berlin das Chaos. Menschen flohen aus den verwüsteten Gebieten, die nach dem Sturm der Kreaturen des Azathoths zurückblieben. Doch selbst die, die nicht von den schrecklichen Massakern betroffen waren, starben und vergingen im Ascheregen, dessen Gefahr sie oft zu spät erkannten.
So geschah es auch in Grubenfeld. Die Nachrichtenverbindungen brachen zusammen. Die Kumpel gingen eine Zeitlang noch ihrer Arbeit nach, als könnten Sie damit das Grauen auf Abstand halten. Doch die Menschen, die nicht in die Stollen hinabstiegen, spürten bald die Veränderungen, die mit der plötzlichen Dunkelheit einhergingen. Tiere verendeten auf den Weiden, Ernten verrotteten auf den Feldern, und vor allem ältere, gesundheitlich angegriffene Einwohner fielen der Asche und ihrer schrecklichen Wirkung zum Opfer. Manche Menschen wurden wahnsinnig und attackierten ihre Angehörigen, Freunde und Nachbarn, andere veränderten sich auf unerklärliche Weise und wurden zu grässlichen Kreaturen, die eine Schneise der Verwüstung durch Grubenfeld schlugen. Fast jede Familie im Ort verlor einige Mitglieder oder wurde ganz ausgelöscht.
Dann fielen die ersten Wesen über das Dorf her, die im Auftrag Azathoths das Land verwüsteten. Mitten in der Nacht drang eine Horde Aschenkriecher in den Ort vor und machte einige Häuser dem Erdboden gleich. Während des folgenden Kampfes entzündete sich eine Kohlehalde, und fast ein Dutzend weitere Gebäude wurden ein Raub der Flammen. Die Dörfler waren siegreich, doch ihnen wurde endgültig bewusst, dass der Schrecken auch vor ihrer Heimat nicht Halt machen würde.
Adam Kowalik, der Bürgermeister von Grubenfeld, erkannte, dass die Bergleute, die lange Zeit in den unterirdischen Stollen arbeiteten, weitaus seltener von der Wirkung der Asche betroffen waren als die Menschen, die sich vor allem an der Oberfläche aufhielten. Darum machte er den Vorschlag, das oberirdische Dorf aufzugeben, wenn auch nur vorerst, und in die ausgebeuteten Stollen der ersten und zweiten Strecke von Synowie Śląska zu ziehen. Schweren Herzens schlossen sich die Dorfbewohner diesem Ratschlag an, und so wurde Grubenfeld scheinbar zu einer Geisterortschaft.
Grubenfeld in den Dämmerlanden
Was als eine Flucht begann, entwickelte sich mit den Jahren zu einer ausgeklügelten Möglichkeit, unter Tage zu leben.
Die Bewetterung (also die Versorgung der Strecken mit Frischluft) wird über einen sogenannten Wetterofen ermöglicht, der die Luft an einer bestimmten Stelle erwärmt und somit nach oben aus dem Bergwerk treibt. Dadurch entsteht ein Unterdruck, der Frischluft durch einen Wetterschacht auf der anderen Seite des Geländes wieder hineinzieht. In den Stollen herrscht also ein stetiger, wenn auch normalerweise kaum zu spürender Luftzug. Eine Heizung braucht man nicht, da die Strecken an sich warm genug sind, und so kann man wichtiges Brennmaterial für andere Zwecke aufsparen.
Die Bewohner Grubenfelds haben die obersten zwei Strecken besetzt, in denen sich kaum noch Kohle befindet. Hier leben aber nicht nur Menschen, sondern auch einige Tiere (vor allem Schafe, Ziegen und Hühner), die man jedoch vor allem für die Produktion von Milch und Eiern einsetzt. Nur an besonderen Tagen oder wenn ein Tier verendet, verwertet man auch sein Fleisch, damit nichts verloren geht.
Pumpen, die bei Bedarf eingeschaltet werden, sorgen dafür, dass das Grundwasser, das immer wieder in die tieferen Ebenen vordringt, wieder abgepumpt wird. Diese können sogar so weit hochgefahren werden, dass man auf der dritten Strecke wieder Kohle abbauen kann, die man vor der Verfeuerung allerdings erst trocknen muss. Durch selbstgebaute Filter an der Oberfläche gewinnt man aus dem abgepumpten Grubenwasser sogar Trinkwasser. Elektrische Generatoren sorgen unter der Erde für Beleuchtung, doch meistens nutzen die Bergleute die ihnen gewohnten Karbidlampen, wenn sie Licht brauchen.
Die Generatoren werden auch benötigt, um den Aufzug unterhalb des Förderturms zu bewegen. Die meisten Einwohner Grubenfelds nutzen zwar die in den Schacht getriebenen Leitersprossen und neben der Kabine laufende Flaschenzüge, um so viel Brennstoff wie möglich zu sparen. Der Aufzug wird aber trotzdem gebraucht, um Nahrungsmittel und andere Vorräte zu transportieren, die an der Oberfläche gelagert werden.
Die Häuser im eigentlichen Dorf hat man in den letzten Jahren sich selbst überlassen, und viele davon fielen Plünderern und Buschkleppern zum Opfer. Nur die Gebäude rings um die Zeche blieben unter der Kontrolle der Dorfbewohner, wenn man auch dafür gesorgt hat, dass sie unbewohnt und halb eingefallen wirken. Hier befinden sich neben den Generatorräumen im Hauptgebäude auch die Werkstätten für die Fahrzeuge, die man über die Jahre zusammengesammelt hat (insgesamt sechs größere oder kleinere Kraftwagen). In einigen der umgebenden Hallen befinden sich Felder, in denen man versucht, Pflanzen anzubauen, die nicht viel Licht brauchen, dabei hat man mit verschiedenen Beeren, Salat, Chicorée, Spinat und vor allem Pilzen einigen Erfolg gehabt.
Vielleicht der wichtigste Ort ist jedoch der Zechenturm, an dessen Spitze immer wenigstens zwei Wachen stehen, die mit Schusswaffen und über die Visiere von zwei aufgepflanzten Maschinengewehren die Umgebung im Blick behalten, um eventuelle Angreifer frühzeitig zu erkennen und zu bekämpfen, wenn sie der Heimat der Grubenfelder zu nahe kommen.
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Es ist ein karges und trostloses Dasein, das manchmal eher dem angsterfüllten Hocken eines Kindes in der Finsternis ähnelt, weil es hofft, so den Monstern aus den Schatten zu entkommen, doch es reicht aus, um die letzten etwa 200 Überlebenden am Leben zu erhalten.
Charaktere aus Grubenfeld
ADAM KOWALIK
Außergewöhnlicher Bürgermeister von Grubenfeld
Besonderheiten: Angststörung.
Wichtige Attribute: Charisma, Intelligenz.
Wichtige Fertigkeiten: Bürokratie, Rechtswesen, Überzeugen.
Seine Eltern wanderten noch aus Schlesien ein, doch Adam wurde bereits in Deutschland geboren, und zwar 1882 in Grubenfeld. Seine lange Beziehung zum Dorf und zu dessen Einwohnern führte dazu, dass er sich besser als viele andere Schlesier einlebte, und seine Intelligenz und sein diplomatisches Geschick brachten ihm 1921 den Posten als Bürgermeister ein.
Heute, mit 47 Jahren, ist er immer noch eine beeindruckende Persönlichkeit geblieben, trotz vieler Jahre inmitten der Apokalypse. Er hält sich aufrecht und versucht immer, das Beste für möglichst viele Menschen im Dorf zu erreichen, auch wenn dies teilweise auf Kosten Einzelner geht. Auch äußerlich ist er stets bemüht, die Illusion eines Menschen aufrechtzuerhalten, der noch Hoffnung auf eine glückliche Zukunft hat.
Wäre er nicht gewesen, wäre Grubenfeld sicher untergegangen, oder zumindest wären noch mehr Menschen gestorben, als dies ohnehin geschehen ist. Er ist kein Genie oder Alleskönner, aber er scheut sich nicht, sein Unwissen zuzugeben und sich mit den Leuten zu umgeben, die sich besser mit einem Fachgebiet auskennen als er. Er ist auf der anderen Seite aber auch gnadenlos zu denjenigen, die ihre Aufgaben nicht erfüllen. Man muss ihn darum nicht mögen, aber man sollte ihn immer respektieren, allein schon, weil die meisten Dörfler ihn als ihren Retter ansehen.
Doch in Wahrheit ist sein Inneres zerrüttet und vom beginnenden Wahnsinn geschüttelt, seit er bei einem Marsch durch die Umgebung des Bergwerks mit einer Kreatur zusammengestoßen ist, die er bis heute nicht beschreiben kann, nicht einmal vor sich selbst. Doch hat sie sich als Bild des tiefsten Grauens in seinen Geist eingebrannt, das jetzt an seinem Verstand nagt. Niemand vermag zu sagen, was mit Grubenfeld geschehen wird, wenn er irgendwann die Beherrschung verliert.
JANUSZ ZAMACHOWSKI
Überdurchschnittlicher Chef der Bürgerwehr von Grubenfeld
Besonderheiten: Posttraumatische Belastungsstörung, Paranoia.
Wichtige Attribute: Stärke, Entschlossenheit.
Wichtige Fertigkeiten: Nahkampfwaffen, Schusswaffen, Überlebenskunst.
Ein ehemaliger Bergmann schlesischer Abstammung, der jedoch im Weltkrieg an der Westfront gekämpft hat und somit als Idealbesetzung erschien, um eine wehrhafte Verteidigung für das Dorf aufzubauen.
Gekleidet in die mehr schlecht als recht passende Uniform eines Offiziers der Reichswehr (wobei niemand weiß, woher er diese hat, und wobei sich auch niemand traut, ihn zu fragen), hat Janusz in den letzten Jahren mehr oder weniger alle Einwohner des Dorfes an der Waffe ausgebildet, vom wehrfähigen Mann über alte Menschen und Frauen bis hin zu älteren Kindern. Er hat sich dabei nicht besonders beliebt gemacht, da sein „Training“ vor allem aus Geschrei und Erniedrigung bestand, doch da er einer der wenigen Menschen im Dorf ist, der immer eine Waffe bei sich trägt, widerspricht ihm so rasch niemand.
Dies liegt auch daran, dass er bekannt dafür ist, in scheinbar unbeobachteten Momenten mit starrem Blick in einer Ecke zu hocken; ein Verhalten, das den Menschen um ihn herum Angst macht. In solchen Minuten gehen seine Gedanken zurück in die Vergangenheit, in die Gräben Frankreichs, wo detonierende Granaten und tödliche Gaswolken die Tage bestimmten und jede unvorsichtige Handlung das eigene Ende bedeuten konnte. Wenn er aus diesen Alpträumen bei vollem Bewusstsein wieder erwacht, hört man ihn bisweilen knurren oder weinen, doch er vertraut sich niemandem an. Zu sehr wird er von der Furcht beherrscht, dass man dieses Wissen gegen ihn verwenden könnte.
Es heißt, dass nur die beruhigende Anwesenheit Adam Kowaliks ihn daran hindert, Grubenfeld in seine Gewalt zu bringen und eine Herrschaft aufzubauen, die nur auf Angst und Paranoia basiert, denn letztendlich scheint er jedem Menschen im Dorf zuzutrauen, ihn und alle anderen an die „Monster aus der Asche“ zu verraten, wie er es ausdrückt.
OMA ZEISLER
Guter Geist von Grubenfeld
Besonderheiten: Einsam, Helfersyndrom.
Wichtige Attribute: Entschlossenheit, Charisma.
Wichtige Fertigkeiten: Handwerk, Überlebenskunst, Wachsamkeit.
Helena Zeisler wurde 1856 in Grubenfeld geboren. 1875 heiratete sie ihre Jugendliebe Robert Zeisler in Santa Barbara, der Kirche des Dorfes. Das Ehepaar wohnte mit zwei Töchtern (Mathilde und Louise) und einem Sohn (Carl Otto) in einem der kleinen Bergarbeiterhäuschen, doch es machte ihr nichts aus, auf so engem Raum mit ihrer Familie zusammengepfercht zu sein. Im Gegenteil, jedes Mal, wenn eins der Kinder auszog, um sein eigenes Leben zu führen, zerbrach etwas in ihr.
Doch das wahre Ende ihres bisherigen Lebens war die Schlagwetterexplosion von 1908. Aus einem Kohleflöz ausströmendes Methan vermischte sich mit der Luft in den Stollen, und als diese Mischung den Ofen im Wetterschacht erreichte, entzündeten sich die Gase. Die resultierende Druckwelle raste durch den Stollen, bizarrerweise, ohne die Strecke selbst zu beschädigen. Als die Bewohner von Grubenfeld zum Bergwerk kamen, konnten jedoch acht Kumpel nur noch tot geborgen werden, unter ihnen Robert Zeisler.
Helena nahm die Nachricht scheinbar ohne jede Empfindung auf und ging wortlos zu ihrem Haus zurück, in dem sie jetzt alleine lebte. Als sie am nächsten Tag wieder herauskam, waren ihre roten Haare grau geworden. Sie trug ihren Mann zu Grabe, doch niemand sah sie jemals weinen. Stattdessen wurde sie zum guten Geist des Dorfes. Sie war für jeden Grubenfelder ein Ansprechpartner bei Problemen. Egal, ob es darum ging, ein Kleid für einen besonderen Anlass zu schneidern, zeitweise auf die Kinder oder Enkelkinder aufzupassen oder beim Ausbau eines Hauses zu helfen, sie stand bereit. Binnen kürzester Zeit nannte das ganze Dorf sie nur noch Oma Zeisler. Nur eine Sache fiel allen Menschen im Ort auf: sie besuchte nie irgendwelche Feste oder gemeinsame Veranstaltungen, sei es nun die jährliche Feier zu Ehren der Heiligen Barbara, Schutzpatronin der Bergleute, oder ein Abendessen mit einer Familie, der sie geholfen hatte. Doch so war sie eben, und alle akzeptierten diese Eigenheit, ohne sie zu hinterfragen.
Als 1922 die Katastrophe über die Welt hereinbrach, änderte sich an ihrem Verhalten nichts. Es war, als sei die Apokalypse nie geschehen, so selbstverständlich half sie weiter, wenn jemand ihre Kenntnisse brauchte. Sie war im Laufe der Zeit nicht nur zu einer Handwerkerin geworden, die sich an alles herantraute, sie wagte sich jetzt sogar allein hinaus in die Aschestürme, wenn jemand etwas brauchte. Sie durchsuchte die Häuser des Dorfes nach zurückgelassenen Gegenständen, marschierte zu den Gehöften außerhalb des Dorfes, verließ sogar den unmittelbaren Bereich rings um Grubenfeld. Und fast immer kehrte sie nach Stunden, Tagen oder auch Wochen wieder zurück und hatte genau das besorgt, was die Person gesucht hatte.
Niemand vermochte zu sagen, wie die alte Dame da draußen überlebte, vor allem, da sie nie eine Waffe oder irgendwelche Vorräte bei sich trug. Einige Dörfler flüsterten hinter vorgehaltener Hand, dass sie eine Allianz mit finsteren Mächten eingegangen sei, während andere meinten, dass vermutlich nicht mal eine Blume Azathoths der alten Zeisler etwas anhaben könnte, so zäh, wie sie sei. Doch niemand wusste es wirklich, und Oma Zeisler reagierte auf alle Fragen nur mit diesem leisen Lächeln, das alle schon seit Jahrzehnten kannten.
LUDWIG HELTINGER
Überdurchschnittlicher Chef-Mechaniker
Besonderheiten: Amnesie.
Wichtige Attribute: Geschicklichkeit, Konstitution.
Wichtige Fertigkeiten: Fahren, Handwerk (Mechanik), Überlebenskunst.
Einer der wenigen „Zugewanderten“, die von der Gemeinschaft aufgenommen wurden, vor allem deshalb, weil dem Dorf noch ein Mann mit Erfahrung bei der Reparatur mechanischer und elektrischer Geräte fehlte.
Ludwig irrte durch das zerstörte Deutschland, nachdem seine Heimat überrannt wurde. Wo genau er herkommt, weiß er nicht mehr zu sagen, doch sein Akzent scheint auf Bayern hinzuweisen. Er war abgemagert und verwirrt, als man ihn aufnahm, zeigte jedoch sofort sein verblüffendes Talent beim Reparieren eines defekten Generators. Unter der liebevollen Aufsicht der Dorf-Krankenschwester Maria Trybala wurde er bald wieder gesund und begann seitdem die unbrauchbaren Fahrzeuge aus dem Dorf und von den benachbarten Höfen wiederinstandzusetzen.
Er hält sich die meiste Zeit an der Oberfläche auf, meistens in seiner Werkstatthalle, wo er Kraftwagen auseinandernimmt, um ihre Teile für die Reparatur anderer Fahrzeuge zu verwenden. Bisweilen kontrolliert er aber auch die anderen technischen Geräte des Bergwerks und begibt sich auf Wanderschaft durch die weiter entfernten Gebiete Grubenfelds, wobei er jedoch lieber auf sich allein gestellt bleibt. Überhaupt ist er eher ein eigenbrötlerischer Tüftler als ein Gemeinschaftsmensch, der nur in Ausnahmefällen in die Mine hinabsteigt.
MARIA TRYBALA
Überdurchschnittliche Krankenschwester und „Engel von Grubenfeld“
Besonderheiten: Emotionslose Soziopathin.
Wichtige Attribute: Entschlossenheit, Charisma.
Wichtige Fertigkeiten: Erste Hilfe, Medizin, Pharmazie.
Die junge hübsche Frau hat wie auch Janusz Zamachowski im Weltkrieg gedient, als Krankenschwester im Hinterland der Westfront. Doch im Gegensatz zu ihm verkraftete sie die realen Schrecken der Verwundeten, Versehrten und Sterbenden bemerkenswert gut. Sie half aus, wo auch immer sie konnte, und war bald als der „Engel von Cambrai“ bekannt, wo sie selbst unter äußerstem Beschuss ausharrte, bis die Stadt am 9. Oktober 1918 in die Hand des Feindes fiel.
Zurückgekehrt in ihre Heimat Grubenfeld lebte sie allein, obwohl viele junge Männer aus dem Dorf ihr den Hof machten. Doch sie blieb standhaft und wollte sich nicht vermählen, was zwar einige verwunderte, aber auch den Erlebnissen im Krieg zugeschrieben wurde. Als die Apokalypse über das Dorf hereinbrach und Doktor Schneider, der letzte verbliebene Mediziner in Grubenfeld, der Asche zum Opfer fiel, übernahm sie seine Arbeit und wurde erneut zum „Engel“, der sich seinen Patienten mit Hingabe, aber auch enormer Effizienz widmete.
Was niemand weiß: Maria Trybala ist in Wahrheit eine emotionslose Soziopathin. Verschreibt sie sich einem Ziel, wie in Cambrai oder auch jetzt in Grubenfeld, so wird sie alles dafür tun, um für diese Sache zu kämpfen. Sie hat gelernt, nach außen den Mangel an Emotionen als Schüchternheit oder Erschöpfung zu tarnen, so dass bislang niemand im Dorf erkannt hat, wer in ihrer Mitte wohnt.
Solange man sich im Sinne der Einwohner Grubenfelds verhält, hat man von ihr nichts zu befürchten, und selbst Außenstehende können mit ihrer Hilfe rechnen, wenn sie für das Dorf hilfreich sind. Sie folgt immer den Anweisungen von Adam Kowalik, den sie so sehr schätzt, dass es nach außen hin so wirkt, als sei sie in Wahrheit in den stattlichen Mann verliebt. Doch solche Gerüchte macht sie sich höchstens zunutze, um allzu aufdringliche Verehrer loszuwerden.
Sollte jemand gegen die Interessen Grubenfelds handeln oder sollte es Maria nicht sinnvoll erscheinen, einer Person zu helfen, so wird sie alles tun, um diesen Menschen aus dem Weg zu räumen, möglichst so, dass es niemandem auffällt. Es wäre nicht ihr erstes Opfer …
Lokalisierung von Grubenfeld
Es wurde absichtlich nicht festgelegt, wo sich Grubenfeld befindet, um der Spielleiterin die Möglichkeit zu geben, es an einem beliebigen Ort innerhalb Deutschlands einzusetzen, an dem früher Steinkohlebergbau betrieben wurde, da nur dabei die geschilderten Stollen unter Tage entstehen.
Typische Abbaugebiete für Steinkohle sind:
- das Ruhrgebiet
- das Aachener Revier südlich von Köln, zu dem oft auch das Erkelenz-Horster Revier gezählt wird
- das Ibbenbürener Revier in Westfalen
- das Zwickau-Oelsnitzer Revier im südlichen Sachsen
- das Döhlener Revier, ebenfalls in Sachsen
Grubenfeld im Spiel
Das Dorf im Bergwerk kann zu einer Basis für die Charaktere werden, entweder, weil sie hier geboren wurden oder später zugezogen sind (dies geschieht jedoch nur, wenn man besondere Fähigkeiten hat, die von der Gemeinschaft gebraucht werden, wie im Falle von Ludwig Heltinger).
Vielleicht gehören die Charaktere aber auch zu den wenigen, denen sich die Einwohner von Grubenfeld anvertraut haben, weil sie sich um das Dorf verdient gemacht haben oder wiederum besondere Fähigkeiten besitzen.
Ansonsten können sie die eigenartige Zuflucht der Überlebenden nur entdecken, wenn sie die Reste des alten Dorfs ausgiebig untersuchen.
Szenarioaufhänger
- Ein Dampfwagen der Bürgerwehr ist auf einer Fahrt durch die Dämmerlande verschwunden (vielleicht bei einer Handelstour). Das Fahrzeug hatte eine Karte an Bord, auf der die Position Grubenfelds eingezeichnet war. Zwar hatten die Fahrer die Anweisung, die Karte bei Feindkontakt zu zerstören, aber es muss sichergestellt werden, dass dies auch wirklich passiert ist. Die Charaktere erhalten den Auftrag, den verschwundenen Brummer aufzuspüren und die Karte entweder zu sichern oder zu vernichten. Ludwig Heltinger soll sie begleiten, um den Laster vielleicht wieder flott zu machen. Der Mechaniker verfolgt jedoch einen anderen Plan: er ist ein ehemaliger Buschklepper, der diese Gelegenheit nutzen will, um sich mit dem Brummer UND der Karte von Grubenfeld als Aufnahmeprämie wieder bei einer Bande einzuschmeicheln.
- Ein Teil des Bergwerks bricht ein, weil Erdbewegungen das Gebiet rund um Grubenfeld erschüttern, bis die alten Stützbalken nicht mehr halten. Durch Funkenbildung entsteht ein Flözbrand in den Resten der Kohle, die sich auf der zusammengebrochenen Strecke befinden. Das Feuer beginnt sich auszubreiten und nimmt den Menschen die Luft. Man muss nicht nur die Einwohner der Stollen retten und so schnell wie möglich an die Oberfläche bringen, sondern auch das Feuer eindämmen, bevor es noch schlimmeren Schaden anrichtet. Doch selbst dann bleibt noch die Frage, woher die Erdstöße kamen, die das Unglück überhaupt erst ausgelöst haben?
- Eine Horde unbekannter Wesen fällt in Grubenfeld ein. Aus der Höhe des Zechenturms ist nicht zu erkennen, ob es sich um Buschklepper oder Kreaturen Azathoths handelt. Es sind aber auf jeden Fall zu viele, um sie einfach so bekämpfen zu können. Die Charaktere (aus welchem Grund auch immer sie sich gerade in Grubenfeld aufhalten) werden zusammen mit Adam Kowalik und Janusz Zamachowski entscheiden müssen, wie man am besten vorgeht. Möglicherweise wird Ludwig Heltinger diesen Zeitpunkt nutzen, um sich gegen die Dorfbewohner zu wenden, vielleicht werden aber auch andere Ereignisse die Pläne der Verteidiger durchkreuzen (z. B. ein zurückkehrender Tross, der die Angreifer darauf stoßen könnte, dass es hier etwas zu holen gibt).
– Ralf Sandfuchs, Kaid Ramdani; 2022