Grundregeln
Grundregeln
Horror bedeutet, nie in Sicherheit zu sein. Unaussprechlichen Mächten und einem kalten, erbarmungslosen Universum ausgeliefert zu sein. Machtlos zu sein, weil die eigenen Fähigkeiten nicht ausreichen, um dem Grauen standzuhalten. Dafür stehen die Würfel. In diesem Kapitel wird erklärt, wie FHTAGN funktioniert.
Proben
Die Regeln stellen Fertigkeiten in den Mittelpunkt und in einem typischen Szenario benutzen Charaktere viele verschiedene Fertigkeiten. Du entscheidest als Spielerin, was dein Charakter zu tun versucht und die Spielleiterin legt fest, welche Fertigkeit dafür eingesetzt werden muss.
Manchmal erfordert es einen Würfelwurf, eine Fertigkeit einzusetzen. Die wichtigste Regel dabei ist: Die Spielleiterin entscheidet, ob, wann und was gewürfelt wird. Wenn die Spielleiterin sagt, dass kein Wurf nötig ist, richten sich Erfolg oder Misserfolg nach der Höhe des Fertigkeitswertes.
Eine Probe mit Würfeln abwickeln
Lässt die Spielleiterin dich auf eine Fertigkeit würfeln, ist das eine Fertigkeitsprobe. Die Würfel entscheiden über Erfolg oder Misserfolg. Wirf zwei zehnseitige Würfel, um eine Zahl von 01 bis 00 (1 bis 100) zu erhalten. Wenn das Ergebnis deinem Fertigkeitswert oder niedriger entspricht, war die Probe erfolgreich. Liegt das Ergebnis über deinem Fertigkeitswert, ist der Wurf ein Misserfolg. Bestimmte Würfelergebnisse resultieren in einem kritischen Erfolg oder einem Patzer (siehe Erfolg und Misserfolg).
Es gibt drei Situationen, in denen Fertigkeitsproben gewürfelt werden müssen.
Es wird gewürfelt, wenn etwas schwierig ist: Eine Fertigkeitsprobe bedeutet, dass der Charakter etwas Schwieriges versucht. Schließlich hat selbst ein Experte auf seinem Gebiet nur einen Fertigkeitswert von 60% oder 70%. Eine Fertigkeitsprobe ist für eine Situation gedacht, in der selbst ein Experte versagen kann.
Es wird gewürfelt, wenn die Situation unübersichtlich ist: Würfeln zu müssen, bedeutet, dass die Situation außer Kontrolle zu geraten droht oder Handlungen zum Beispiel unter Zeitdruck oder im Kampf erfolgen. Der Zufall spielt dann eine wichtige Rolle. Ohne Vorwarnung können katastrophale Dinge passieren, unabhängig davon, wie gut dein Charakter eine Fertigkeit beherrscht.
Es wird gewürfelt, wenn eine Handlung Konsequenzen hat: Auf diese Probe kommt es an, denn misslingt der Fertigkeitswurf, wird es unschön. Die Strafe kann sein, dass dein Charakter ein Problem nicht in den Griff bekommt – oder trotzdem erfolgreich ist, aber einen hohen Preis dafür zahlt. Über die Folgen entscheidet die Spielleiterin.
Zusammenfassung: Fertigkeitsproben
- Fertigkeitsproben werden mit dem Wurf eines W100 entschieden. Die Probe ist erfolgreich, wenn das Würfelergebnis kleiner oder gleich dem Fertigkeitswert ist. Alles andere ist ein Misserfolg.
- Bei einer Probe ohne Würfeln entscheidet die Höhe des Fertigkeitswertes, wie gut dem Charakter die geplante Aktion gelingt. Dabei ist manchmal eine bestimmte Höhe des Fertigkeitswertes erforderlich, um Erfolg zu haben. Manchmal kann ein niedriger Wert durch eine Kombination mehrerer Fertigkeiten ausgeglichen werden.
- Die Spielleiterin entscheidet, ob, wann und auf was gewürfelt wird. In der Regel wird bei FHTAGN gewürfelt, wenn etwas schwierig ist, die Situation außer Kontrolle zu geraten droht oder wenn es Konsequenzen hat.
Warum Proben ohne Würfeln?
Es hat Vorteile Proben ohne Würfeln abzuhandeln, z. B. um eine Fertigkeit einzusetzen oder Informationen zu erlangen. Es beschleunigt zum einen das Spiel, wenn in ruhigen, kontrollierten Situationen auf Proben verzichtet wird. Zum anderen kann es so nicht passieren, dass wichtige Hinweise, die für den Fortgang des Szenarios zwingend erforderlich sind, durch eine missglückte Probe nicht gefunden werden. Frustrierte Spielerinnen haben keinen Spaß und die Spielleiterin dann auch nicht.
Die Höhe des Fertigkeitswertes bestimmt dann, wie viel der Charakter erfährt. Vielleicht ist das bei einem geringeren Fertigkeitswert zunächst nur ein unscheinbarer Hinweis, der durch Hinzuziehung von anderen Charakteren oder Spezialisten (mit höherem Fertigkeitswert) noch vertieft werden kann. Das Spiel wird dadurch aber nicht unterbrochen, sondern geht weiter. In FHTAGN-Szenarien wird in diesem Fall häufig angegeben, ab welchem Fertigkeitswert einem Charakter bestimmte Informationen zur Verfügung stehen.
Eine Probe ohne Würfel abwickeln
Hat die Spielleiterin entschieden, dass du nicht würfeln musst, hängt der Erfolg der Probe nur davon ab, was dein Charakter zu tun versucht und wie hoch sein Wert in der entsprechenden Fertigkeit ist. Allgemeinwissen bzw. Wissen, das Leute in einem bestimmten Beruf normalerweise haben, und Informationen, die mit einer simplen Recherche beschafft werden können, kosten deinen Charakter höchstens ein bisschen Zeit und Mühe. Wenn es um spezielles Fachwissen geht, ist unter Umständen ein bestimmter Fertigkeitswert nötig.
Ist die Spielleiterin bspw. der Ansicht, dass eine Geschichtsprofessorin mit mindestens 60% in Geschichte etwas Bestimmtes wissen sollte, dann weiß es auch ein anderer Charakter mit Geschichte auf 60% oder besser, ohne dass dafür ein Würfelwurf nötig wäre. Vielleicht findet ein Charakter mit 40% nur ein paar Hinweise, während der mit 60% deutlich mehr sagen kann.
Manchmal kann ein niedriger Fertigkeitswert durch eine Kombination mehrerer Fertigkeiten ausgeglichen werden. Ein Hinweis, der eigentlich 60% in Geschichte erfordert, könnte auch verfügbar sein, wenn der Charakter Geschichte und eine weitere relevante Fertigkeit auf 40% hat.
Wenn du eine Fertigkeit nicht besitzt
Wenn dein Charakter 0% in einer Fertigkeit hat, kann er nicht einmal versuchen, sie einzusetzen. Deinem Charakter fehlen schlicht das Spezialwissen und die Ausbildung dazu.
Optionale Regel: Unterstützung
Ein Attribut einsetzen
Wenn dein Charakter etwas zu tun versucht, was jeder prinzipiell können sollte – also etwas, das gegebenenfalls schwierig ist, aber kein spezifisches Training in Form einer Fertigkeit erfordert – dann kann die Spielleiterin ein Attribut deines Charakters für eine Attributsprobe heranziehen. Eine Attributsprobe wird auf das Attribut × 5 abgelegt, das heißt, mit ST 11 wird die Attributsprobe auf 55% gewürfelt.
Wenn eine Herausforderung physische Kraft erfordert, sollte ST zum Einsatz kommen; KO, wenn Ausdauer nötig ist; GE, wenn Beweglichkeit gefragt ist; IN, wenn es um Details geht; EN, wenn psychische Belastbarkeit erforderlich ist; CH, wenn Charme hilfreich ist.
Der Attributswert selbst kann der Spielleiterin anzeigen, ob dein Charakter erfolgreich ist, ohne dass ein Würfelwurf nötig wäre. Jemand sollte dafür mindestens durchschnittlich stark sein? Dann braucht dein Charakter ST 10 oder höher. Wenn überdurchschnittliche Intelligenz erforderlich ist, dann muss dein Charakter IN 13 oder höher besitzen. Wenn nur einer von hundert die nötige Ausdauer für etwas hat, braucht dein Charakter dafür KO 17 oder 18.
Tabelle: Bedeutung von Attributswerten
Proben für hohe Attribute
Ab einem Wert von 20 oder mehr in einem Attribut ist die Probe immer ein Erfolg außer bei einem Wurf von 100 (kritischer Misserfolg). Dies ist vor allem bei Unnatürlichen Wesen relevant, die sich im Band FHTAGN Spielwelt finden.
Zusammenfassung: Attributsproben
- Versucht ein Charakter etwas, das jeder tun könnte, kann die Spielleiterin eine Attributsprobe fordern. Diese wird mit einem W100 auf das Attribut × 5 abgelegt (z. B. bei ST 11 auf 55%).
- Bei einer Attributsprobe ohne Würfeln zeigt der Wert des Attributs an, ob der Charakter erfolgreich ist, wenn sein Wert für die Aufgabe ausreicht.
- Für physische Kraft: ST, für Ausdauer KO, für Beweglichkeit/Geschicklichkeit GE, für Intelligenz IN, für psychische Belastbarkeit EN, für Charme CH.
- Ab einem Wert von 20 oder mehr in einem Attribut ist die Probe immer erfolgreich, es sei denn, es wird ein kritischer Misserfolg gewürfelt (100).
Beispiel: Wer würfelt?
Eine Gruppe von Charakteren hat sich in einer uralten Krypta verbarrikadiert. Wer würfelt auf Suchen, um den geheimen Ausgang zu finden, bevor die Tür dem Ansturm der Gegner nachgibt? Gute Frage!
- Wenn sich mehrere Charaktere an der gleichen Aufgabe versuchen und eine Gruppenanstrengung sinnvoll und hilfreich ist, wird auf den höchsten Fertigkeitswert in der Gruppe gewürfelt. Im obigen Beispiel halten zwei Charaktere die Tür geschlossen. In diesem Fall würfelt der Charakter mit der höheren Stärke die Probe.
- Wenn sich mehrere Charaktere zeitgleich an einer Aufgabe versuchen, bei der zu viele Leute ein Hindernis sind, dann wird auf den niedrigsten Fertigkeitswert in der Gruppe gewürfelt. Wenn im Beispiel drei Charaktere aufgeregt und umherstolpernd nach dem geheimen Ausgang aus der engen Krypta suchen, behindern sie sich dabei gegenseitig. Daher würfelt der Charakter mit dem niedrigsten Wert in Suchen die Probe.
- Wenn es bei einer Probe relevant ist zu wissen, wer Erfolg hat und wer nicht, würfeln alle einzeln. Im obigen Beispiel fällt die Tür und die Gegner stürmen die Krypta. Es handelt sich um scheußliche, missgestaltete Tiefe Wesen und die Charaktere müssen alle eine STA-Probe absolvieren, um die Höhe ihres individuellen STA-Verlustes zu bestimmen.
Boni und Mali
Überhaupt eine Fertigkeitsprobe würfeln zu müssen, zeigt, dass ein erhebliches Risiko für einen Misserfolg vorhanden ist. Aber wenn die Chancen für deinen Charakter wirklich schlecht stehen, kann die Spielleiterin einen Malus verhängen, und zwar bis zu einer minimalen Chance von 1%. Wenn die Situation für deinen Charakter eher günstig ist, kann die Spielleiterin einen Bonus geben, und zwar bis zu einer maximalen Chance von 99%. Kommt ein Bonus oder Malus überhaupt infrage, dann beträgt er üblicherweise +20%/-20% oder seltener +40%/-40%.
Tabelle: Boni und Mali
Erfolg und Misserfolg
Bei jeder Fertigkeits- oder Attributsprobe gibt es vier mögliche Ergebnisse (Erfolgsstufen). Vom Besten zum Schlechtesten sind das: kritischer Erfolg, Erfolg, Misserfolg und Patzer. Normale Erfolge und Misserfolge sind dabei am häufigsten. Kritische Erfolge und Patzer stellen besonders gute oder furchtbar schlechte Ergebnisse dar.
Kritischer Erfolg
Jede gewürfelte 01 oder jeder Erfolg mit einem Pasch ist ein kritischer Erfolg. Das heißt, wenn dein Charakter 50% in einer Fertigkeit hat, sind 01, 11, 22, 33 oder 44 kritische Erfolge. Ein kritischer Erfolg übertrifft immer die Erwartungen und ist doppelt so gut wie ein normaler. Was das heißt, muss im Kontext der jeweiligen Probe entschieden werden. Im Kampf bedeutet ein kritischer Erfolg doppelten Schaden, während einer Ermittlung dagegen, dass sie zum Beispiel nur halb so lang dauert.
Erfolg
Ein Erfolg ist ein Wurf, der dem Wert für die Probe genau entspricht oder darunter liegt. Mit einem Erfolg erreicht dein Charakter das, was er sich vorgenommen hat.
Misserfolg
Ein Misserfolg ist ein Wurf, der über dem Wert für die Probe liegt. Bisweilen kann das heißen, dass deinem Charakter Unheil widerfährt. Es kann Fälle geben, in denen ein misslungener Wurf bedeutet, dass dein Charakter bekommt, was er will, aber auch einen Preis dafür zahlt – z. B. in Form einer unangenehmen Komplikation. Ob das der Fall ist und wie die Komplikation genau aussieht, entscheidet immer die Spielleiterin. Beispiele findest du bei den Folgen eines Patzers.
Patzer
Jede gewürfelte 00 (100) oder jeder Misserfolg mit einem Pasch ist ein Patzer. Das heißt, wenn dein Charakter 50% in einer Fertigkeit hat, sind 55, 66, 77, 88, 99 oder 00 Patzer. Ein verpatzter Wurf ist immer ein Misserfolg, unabhängig davon, wie hoch die Erfolgschance für deinen Charakter war und hat zusätzliche katastrophale Konsequenzen.
In einer Verfolgungsjagd kann ein Patzer bedeuten, dass dein Charakter einen Unfall baut. In einer Schießerei klemmt vielleicht seine Waffe oder er trifft sich selbst. Die konkrete Natur der Komplikation liegt bei der Spielleiterin. Es folgen einige Beispiele für katastrophale Konsequenzen:
- Physische Belastung: Verliere 1W6 TP oder temporär 1W4 ST, KO oder GE.
- Emotionaler Burn-out: Verliere 1W6 WP oder temporär 1W4 IN, EN oder CH.
- Entfremdung: Kränke einen wichtigen Nichtspielercharakter. Alle Proben auf CH oder Überzeugen, die diesen Nichtspielercharakter betreffen, misslingen bis zum Ende des Szenarios automatisch.
- Erschöpfung: Du bist sofort erschöpft.
- Ablenkung: Erleide einen Malus von 20% auf deine nächste Probe.
- Verwirrung: Du machst einen großen Fehler und erhältst falsche Informationen.
Zusammenfassung: Erfolgsstufen, Boni und Mali
Bei Fertigkeits- oder Attributsproben gibt es vier mögliche Erfolgsstufen:
- Kritischer Erfolg: Jede gewürfelte 01 oder jeder Erfolg mit einem Pasch unter dem Fertigkeitswert ist ein kritischer Erfolg. Ein kritischer Erfolg ist immer ein Erfolg, der die Erwartungen übertrifft, und doppelt so gut wie ein normaler.
- Erfolg: Ein Wurf, der dem Wert für die Probe genau entspricht oder darunter liegt. Mit einem Erfolg erreicht dein Charakter das, was er erreichen wollte.
- Misserfolg: Ein Wurf, der über dem Wert für die Probe liegt. Dies kann für den Charakter ungünstige Folgen haben oder er bekommt dennoch, was er will, muss aber eine unangenehme Komplikation dafür in Kauf nehmen.
- Patzer: Jede gewürfelte 00 (100) oder jeder Misserfolg mit einem Pasch über dem Fertigkeitswert ist ein Patzer. Ein verpatzter Wurf ist immer ein Misserfolg, unabhängig davon, wie hoch die Erfolgschance für deinen Charakter war, und hat zusätzliche katastrophale Konsequenzen.
- Boni/Mali: Wenn die Chancen für deinen Charakter wirklich schlecht stehen, kann die Spielleiterin Boni oder Mali auf Proben verhängen bis zu einer minimalen Chance von 1% und einer maximalen Chance von 99%. Kommt ein Bonus oder Malus überhaupt infrage, dann beträgt er üblicherweise +20%/-20% (seltener +40%/-40%).
Optionale Regel: Adrenalinschub
Glückswürfe
Viele Ereignisse sind purer Zufall. Ist jemand in der Nähe, als dein Charakter das Versteck verlässt? Gibt es in dem alten Haus einen Feuerlöscher? Wirst du von Splittern getroffen, als die gewaltige Säule umstürzt? Wenn die Spielleiterin einen Glückswurf verlangt, ist die Chance, dass es für deinen Charakter gut ausgeht, immer 50%. Weder übersinnliches Talent, die Verbindung deines Charakters zum Kosmos noch irgendetwas anderes haben darauf einen Einfluss. Wirf einfach die Würfel. Bei einem kritischen Erfolg oder Patzer hat dein Charakter besonders viel oder besonders wenig Glück.
Anmerkung: Man kann die Spielerin vorher fragen, ob sie hoch oder tief würfeln möchte. Wobei dies nur der klägliche Schein der Einflussnahme auf das kosmische Schicksal ist …
Zusammenfassung: Glückswurf
Ein Glückswurf ist immer ein Wurf auf 50%. Bei einem kritischen Erfolg oder Patzer hat dein Charakter besonders viel oder besonders wenig Glück.
Beispiel: Glückswurf
Morgan Studer untersucht den Keller eines leerstehenden Hauses nach Hinweisen auf anstößige Aktivitäten, die von den Anwohnern der nahen Pond Street mehrheitlich als ausschweifend und grotesk bezeichnet worden sind. Als er ein Geräusch hinter sich vernimmt, schreckt Studer auf und lässt seine Taschenlampe fallen.
Die Spielleiterin lässt die Spielerin einen Glückswurf mit dem festen Wert 50% würfeln, um zu schauen, ob die Taschenlampe noch funktioniert.
Benötigte Zeit
Zeit kann für die Durchführung von Aktionen von entscheidender Bedeutung sein. Grundsätzlich entscheidet die Spielleiterin, wie viel Zeit eine Handlung in Anspruch nimmt.
Runden: Zeit in Runden zu messen, ist die kleinste (sinnvolle) spielmechanische Einheit. Eine Handlung kann beispielsweise eine oder mehrere Runden benötigen, höchstens aber das Pendant zu 60 Sekunden. Kampf, manche Fertigkeitsproben und die meisten Attributsproben werden in Runden abgewickelt.
Minuten: Dies sind Handlungen, die nicht mehr sinnvollerweise mittels Runden abgebildet werden können. Bspw. nichts, dass du direkt während eines Kampfes, der ja immer in Runden gespielt wird, erledigen könntest, aber etwas, das ansonsten relativ schnell erledigt werden kann. Viele Fertigkeitsproben werden in Minuten abgewickelt.
Stunden: Pro Tag kann dein Charakter üblicherweise zwei bis vier Aufgaben erledigen, die in Stunden gemessen werden – vier nur dann, wenn dein Charakter sich zwischendurch nicht ausruht (siehe Erschöpfung).
Tage: Einige umfangreiche Fertigkeitsproben mit mehreren Würfelwürfen brauchen einen Tag oder sogar länger, um erledigt zu werden.
Langfristig: Bemühungen, die den Rahmen des Spiels sprengen, wie bspw. Forschung oder eine Ausbildung gehören in diese Kategorie. Sie können eine Woche, einen Monat oder Jahre in Anspruch nehmen. Darüber entscheidet die Spielleiterin.
Vergleichende Proben
Zu einer vergleichenden Probe kommt es, wenn jemand mit dem Ziel agiert, die Handlung einer anderen Person zu unterbrechen oder zu verhindern. Beide Seiten würfeln und der höchste Wurf, der noch ein Erfolg ist, gewinnt. Beispiele sind:
- Eine Psychologie-Probe, die eine Spielerin für ihren Charakter würfelt, um die Lügen im Überzeugen-Wurf eines Verdächtigen zu erkennen.
- Ein Charakter, der seinem Verfolger mit einer Athletik-Probe entkommen will.
- Eine gefährliche Kultistin, die versucht, ihr Opfer mit einer Probe auf Waffenlosen Kampf zu Boden zu ringen.
- Die Athletik-Probe eines Charakters, der dem Angriff eines unnatürlichen Wesens auszuweichen versucht.
Normalerweise stehen in einer vergleichenden Probe Fertigkeiten gegen Fertigkeiten und Attribute gegen Attribute. Ein Attribut wird nur dann gegen eine Fertigkeit eingesetzt, wenn der eine Charakter spezifisches Wissen oder Training braucht – und daher eine Fertigkeitsprobe würfelt – und der andere das nicht muss, und daher eine Attributsprobe würfelt. Die Entscheidung liegt bei der Spielleiterin.
Naturgemäß ist es immer schwer, eine vergleichende Probe für sich zu entscheiden. Schließlich muss dein Würfelwurf nicht nur erfolgreich sein, sondern auch den deines Gegners übertreffen. Wenn sich zwei Charaktere in einer vergleichenden Probe befinden, aber keiner würfeln muss, gewinnt schlicht der höhere Wert.
Tabelle: Vergleichende Proben
Zusammenfassung: Vergleichende Proben
Wenn jemand etwas tun will, das einer anderen Handlung zuwiderläuft, kommt es zu einer vergleichenden Probe.
- Beide Seiten würfeln und der höhere Erfolg gewinnt.
- In der vergleichenden Probe stehen sich zumeist zwei Fertigkeiten oder zwei Attribute gegenüber.
- In einer vergleichenden Probe ohne Würfeln gewinnt schlicht der höhere Wert.
Optionale Regel: Abzug statt vergleichender Probe
Statt eine vergleichende Probe zu würfeln, kann die Spielleiterin auch entscheiden, dass nur der Charakter eine Probe ablegt und abhängig von dem Wert des Gegenübers einen Abzug erhält. Dies ist beispielsweise bei Proben empfehlenswert, die einfach und schnell abgewickelt werden sollen und daher auf den Wurf für Nichtspielercharaktere durch die Spielleiterin verzichten.
Tabelle: Abzüge für Proben
Verfolgungsjagden
Eine Verfolgungsjagd besteht aus mehreren vergleichenden Proben. Die einfachste Form einer Verfolgung ist ein einzelner Wurf pro Seite, also für Verfolgerin und Verfolgte. Entscheidet die Verfolgte die vergleichende Probe für sich, entkommt sie und die Verfolgungsjagd ist zu Ende. Entscheidet die Verfolgerin die vergleichende Probe für sich, holt sie die Verfolgte ein und die Verfolgungsjagd ist zu Ende, was normalerweise einen Kampf zur Folge hat.
Eine längere Verfolgungsjagd kann zwei solche Erfolge von der einen oder anderen Seite erfordern. Erfolge heben sich auf. Gelingt der Verfolgerin ein Wurf, der Verfolgten aber der nächste, so hebt dieser sich mit dem Erfolg der Verfolgerin auf. Der Verfolgten müssen jetzt immer noch zwei Würfe gelingen, um zu entkommen. Eine besonders schwierige Verfolgungsjagd kann drei Erfolge erfordern, um aufzuholen oder zu entkommen.
Bei jeder Probe gewinnt immer entweder die eine oder die andere Seite. Misslingen beide Würfe, gewinnt der niedrigste Misserfolg. Ein kritischer Erfolg zählt in einer Verfolgungsjagd wie zwei Erfolge. Ein Patzer zählt wie zwei Misserfolge aufgrund einer Karambolage oder eines anderen Unfalls.
Welche Fertigkeit wird herangezogen: Eine Verfolgungsjagd zu Fuß erfordert Athletik, eine mit Fahrzeugen Autofahren, Steuern oder gar das Spezialtraining Schwere Fahrzeuge, eine im Wasser Schwimmen, eine berittene Reiten.
Hilfe und Vorteile: Sich mit mehreren Verfolgerinnen (auf Sichtweite oder per dauerhaftem Funkkontakt) koordinieren zu können, Luftunterstützung oder einfach die Tatsache, dass man deutlich schneller und wendiger unterwegs ist, gewährt einen Bonus von 20% auf jede einzelne Probe während der Verfolgungsjagd oder einen Bonus von 40%, wenn eine Seite massiv im Vorteil ist.
Sich einen Vorsprung verschaffen: Statt des üblichen Wurfs, um aufzuholen oder zu entkommen, können Verfolgerin und Verfolgte versuchen, sich einen Vorsprung zu verschaffen, indem sie versuchen den Gegner auszutricksen, eine Abkürzung zu finden oder ähnliches. Dazu legen sie eine Probe auf eine relevante Fertigkeit wie Wachsamkeit, Navigation, Heimlichkeit oder Überlebenskunst ab. Ist diese vergleichende Probe erfolgreich, gewährt sie statt eines gewöhnlichen Erfolgs zum Entkommen beziehungsweise Aufholen einen +20% Bonus auf den nächsten Wurf bzw. +40% bei einem kritischen Erfolg. Misserfolge und Patzer haben die üblichen Konsequenzen.
Kampf während einer Verfolgungsjagd: Eine Passagierin in einem an der Verfolgungsjagd beteiligten Fahrzeug kann die Gegenseite unter Beschuss nehmen, bevor Verfolgerin und Verfolgte zum Aufholen und Entkommen würfeln. Angriffe benutzen die normalen Kampfregeln. Jede vergleichende Probe während einer Verfolgungsjagd entspricht einer Kampfrunde. Wenn dein Charakter selbst fährt oder zu Fuß unterwegs ist, bedeutet ein solcher Verzicht auf eine Probe zum Aufholen oder Entkommen, dass der Wurf der Gegenseite zum Aufholen oder Entkommen automatisch ein Erfolg ist.
Zusammenfassung: Verfolgungsjagden
- Je nach Typ der Verfolgungsjagd erfolgen vergleichende Proben in Athletik, Autofahren, Steuern, Schwimmen, Reiten oder Schwere Fahrzeuge, um zu entkommen oder aufzuholen.
- Eine Verfolgungsjagd kann ein, zwei oder drei vergleichende Proben umfassen mit entsprechend ein, zwei oder drei nötigen Erfolgen.
- Es gewinnt immer entweder die eine oder die andere Seite, gegebenenfalls gewinnt der niedrigste Misserfolg. Ein kritischer Erfolg zählt wie zwei Erfolge. Ein Patzer zählt wie zwei Misserfolge.
- Unterstützung (z. B. über Funk) gewährt einen Bonus von 20% (ggf. +40%) auf jede Probe.
- Statt der normalen Probe kann eine vergleichende Probe auf eine relevante Fertigkeit abgelegt werden (Wachsamkeit, Navigation, Heimlichkeit oder Überlebenskunst), die – wenn erfolgreich – einen Bonus von 20% (+40% bei kritischem Erfolg) auf den nächsten gewährt.
- Wer während der Verfolgungsjagd zu Fuß oder als Fahrer kämpft, muss auf die Probe zum Aufholen oder Entkommen verzichten (gegnerischer Wurf ist automatischer Erfolg).
Beispiel: Verfolgungsjagd
Ted Morningstar hat gerade in einem alten Gewerbegebiet auf einem unübersichtlichen Grundstück die Übergabe eines merkwürdig aussehenden Gegenstandes zwischen zwei Männern beobachtet, deren Absichten nur als zwielichtig und von niederen Beweggründen beschrieben werden können. Beim Verlassen des Areals sieht sich Morningstar unvermittelt einem dritten Mann gegenüber. Er entschließt sich zur Flucht.
Die Spielleiterin entscheidet, dass aufgrund des unübersichtlichen Geländes zwei Erfolge bei der vergleichenden Probe in Athletik erforderlich sind. Unter einfacheren Umständen reicht im Zweifel auch ein einziger Erfolg aus.
Morningstar verfügt über Athletik 45%, sein Verfolger 60%.
In Runde 1 würfelt der Verfolger eine 57, Morningstar eine 52. Der Verfolger gewinnt diese Runde und rückt bedrohlich nahe an Morningstar heran.
In Runde 2 würfelt der Verfolger eine 23 und Morningstar kann schon fast den faulen Atem dieses Mannes spüren. Doch dann gelingt ihm der Wurf von 33 und somit ein kritischer Erfolg. Dieser zählt zweifach und Morningstar kann den ersten Erfolg des Verfolgers neutralisieren und sich sogar mit einem Erfolg absetzen.
In Runde 3 würfelt der Verfolger eine 37 und Morningstar eine 41. Zwar haben beide Erfolge, doch Morningstar den höheren Wurf. Damit gewinnt er den zweiten Erfolg und kann sich mit einem Sprung über einen Zaun in Sicherheit bringen.
Willenskraftpunkte
Willenskraftpunkte sind geistiger Treibstoff. Charaktere können Willenskraftpunkte einsetzen, um trotz Erschöpfung weiterzumachen, den Folgen von Angst, Stabilitätsverlusten und psychischen Störungen zu widerstehen. Sie können auch eingesetzt werden, um unnatürliche Rituale auszuführen oder ihnen in manchen Fällen zu widerstehen.
Niedrige Willenskraftpunkte: Ein Charakter, dessen Willenskraftpunkte auf 2 oder 1 fallen, erleidet einen emotionalen Zusammenbruch. Dieser Charakter bekommt einen Malus von 20% auf alle Handlungen, bis seine WP wieder über 2 steigen.
Wenn die Willenskraftpunkte ausgehen: Ein Charakter, dessen WP auf 0 fallen, bricht zusammen und ist handlungsunfähig und ggf. bewusstlos. Die Spielleiterin übernimmt die Kontrolle über den Charakter, bis dessen WP wieder auf 1 oder höher steigen. Ein Charakter mit 0 WP kann bei keiner Probe erfolgreich sein, einschließlich Stabilitätsproben.
Willenskraftpunkte zurückbekommen: Sobald dein Charakter eine Nacht durchschläft (aber nicht mehr als einmal binnen 24 Stunden), bekommt er 1W6 WP zurück. Wenn du eine der Motivationen deines Charakters auf eine Art und Weise ausspielst, die der Spielleiterin überzeugend erscheint, erhält dein Charakter 1 WP zurück.
Zusammenfassung: Willenskraftpunkte
- Widerstand gegen Stabilitätsverluste, Wirken von oder Widerstand gegen unnatürliche Rituale.
- WP auf 2 oder 1 führt zum emotionalen Zusammenbruch (Malus von 20% auf alle Handlungen bis die WP wieder größer 2 sind).
- WP auf 0 führt zum Zusammenbruch des Charakters, der handlungsunfähig ist (kann bei keiner Probe erfolgreich sein).
- Pro Nachtschlaf (einmal in 24 Stunden) erhält ein Charakter 1W6 WP zurück. Eine Motivation auszuspielen gibt gegebenenfalls auch 1 WP zurück (Entscheidung der Spielleiterin).
Erschöpfung
Bei einem Charakter, der zu lange arbeitet oder sich nach einer Gefahrensituation bzw. Verletzung nicht erholen kann, setzt Erschöpfung ein. Wann das genau passiert, entscheidet die Spielleiterin, aber als Faustregel gilt, dass eine Nacht ohne Schlaf oder die Weigerung, sich nach STA- oder TP-Verlust auszuruhen, zu Erschöpfung führt.
Ein erschöpfter Charakter erleidet einen Malus von 20% auf alle Fertigkeits-, Attributs- und Stabilitätsproben und verliert 1W6 WP. Der erschöpfte Charakter verliert weitere 1W6 WP, wenn er in der nächsten Nacht auch nicht schläft, für einige Stunden hart arbeitet oder für einige Minuten rennt oder kämpft. Eine komplette Nacht durchzuschlafen lässt die Erschöpfung verschwinden.
Aufputschmittel: Die Einnahme von Aufputschmitteln oder das Kettenrauchen von Zigaretten schiebt die Mali für Erschöpfung um 1W6 Stunden auf. Härtere, illegale Drogen schieben sie für 2W6 Stunden auf. In diesem Zeitraum kann dein Charakter nicht schlafen. Ein Charakter kann mehr Aufputschmittel nehmen, um weitermachen zu können, aber jede Dosis nach der ersten kostet 1W6 WP. Erreicht dein Charakter seine Belastungsgrenze, während er Aufputschmittel benutzt, ist das ein guter Grund für die Spielleiterin, ihn als Störung eine entsprechende Abhängigkeit entwickeln zu lassen.
Zusammenfassung: Erschöpfung
Erschöpfung (nach einer Nacht ohne Schlaf oder mangelnder Ruhe nach STA- oder TP-Verlusten) führt zu einem Malus von 20% auf alle Fertigkeits-, Attributs- und Stabilitätsproben und Verlust von 1W6 WP. Aufputschmittel oder Kettenrauchen schieben den Malus um 1W6 Stunden auf.
Schlaflosigkeit
Wenn dein Charakter nach einem temporären Kontrollverlust oder dem Erreichen seiner Belastungsgrenze das erste Mal zu schlafen versucht, musst du eine STA-Probe würfeln. Misslingt sie, wacht dein Charakter immer wieder nass vor Angstschweiß auf und verliert für die nächsten 24 Stunden die Möglichkeit, WP zurückzubekommen.
Beruhigungsmittel: Ein Charakter kann sich betrinken oder Schlaftabletten nehmen, um trotz eines Traumas schlafen zu können. Das gewährt einen Bonus von 20% auf die STA-Probe. Misslingt sie, findet der Charakter trotz Beruhigungsmitteln keinen Schlaf. Zusätzlich fühlt der Charakter sich am nächsten Tag unwohl und erleidet einen Malus von 20% auf alle Proben, bis er eine Nacht durchschläft. Erreicht dein Charakter seine Belastungsgrenze, während er Beruhigungsmittel benutzt, ist das ein guter Grund für die Spielleiterin, ihn als Störung eine entsprechende Abhängigkeit entwickeln zu lassen.
Zusammenfassung: Schlaflosigkeit
Beim ersten Schlaf nach einem Kontrollverlust oder dem Erreichen der Belastungsgrenze, wenn eine STA-Probe misslingt (keine Regeneration von WP). Beruhigungsmittel geben +20% auf die STA-Probe (aber -20% auf alle Proben, wenn die STA-Probe trotzdem misslingt, bis eine Nacht geschlafen wurde).